Arbeiterlied vom Beginn des 20. Jahrhunderts

Ihr Herren, gebt die Arbeit frei
die ihr gemacht zu Knechte,
vernehmt der unterdrückten Schrei
nach ihrem heil´gen Rechte.
Gott selbst im Himmel hat gewollt,
daß frei die Arbeit werde,
hat seines Sohnes Blut gezollt
als Preis der neuen Erde.

Seit Christus unsere Arbeit hob
aus ihrem niederen Stande,
trägt seine Lehre laut ihr Lob
durch alle fernen Lande.
Seit Gottes Sohn der Arbeit Stahl
geführt mit eigenen Händen,
stand Arbeit hoch im Ehrensaal
um Segen rings zu spenden.

Doch wilde Gier nach Gold und Land
hat in ihr Joch gezwungen
die Arbeit, um der freien Hand
ein Sklavenband geschlungen,
die unser Herr in Knechtgestalt
geheiligt und geachtet.
Sie ward dem Götzen Mamon kalt
als Opfer hingeschlachtet.

Doch aus dem Opferbrande stieg
ihr Geist auf uns hernieder
und jeder Kampf und jeder Sieg
weckt neue Freiheitslieder,
vom Himmel flammt das Kreuz, es sei
auch unseres Hoffens Zeichen
die Arbeit hoch, die Arbeit frei
in neuen Gottesreichen.

Schließt nun die Reihen, Mann um Mann
ein Schlag aus tausend Herzen,
ein Lied, ein Gott und grün wie Tann
ein Hoffen, stark und erzen,
ein Wort, ein Schwur in heil’ger Stund
im Streit nicht zu erliegen
und ein Gebet aus Herzensgrund:
Im Kreuze wollen wir siegen.


Engel vor Notenblatt
Das „Bundeslied der christlichen Arbeiter“ stammt aus der Zeit der Weimarer Republik. Es wurde zu der Melodie von „Der Gott der Eisen wachsen liess“ gesungen. Der Text stammt von dem Journalisten und Dichter Franz Xaver Eichert (Pseudonym Miles; 11.6.1857 bis † 6.7.1926).