Goethe, Dächer und Handwerk
Dächer und Handwerk finden in der Werken des wohl berühmtesten Deutschen Dichters, Johann Wolfgang von Goethe, vielfache Erwähnung, vom „Zimmrer“, über das „Flechten“ von natürlichen Bedachungsmaterialien, bis hin bis hin zum Dach, welches auf „Säulen ruht“. An dieser Stelle einige ausgewählte Werke des bekannten Künstlers:
Erwin und Elmire
Auf dem Land und in der Stadt
Hat man eitel Plagen!
Muß ums Bißchen, was man hat,
Sich mitm Nachbarn schlagen.
Rings auf Gottes Erde weit
Ist nur Hunger, Kummer, Neid,
Dich hinauszutreiben.
Bernardo:
Erdennot ist keine Not,
Als dem Feig‘ und Matten.
Arbeit schafft dir täglich Brot,
Dach und Fach und Schatten.
Rings, wo Gottes Sonne scheint,
Findst ein Mädchen, findst einen Freund,
Laß uns immer bleiben!
Die Zeilen stammen aus dem Singspiel „Erwin und Elmire“ dessen Libretto (Text von Operetten o.Ä.) von Johann Wolfgang von Goethe verfasst wurde. Die erste Version wurde am 13. September 1775 in Frankfurt am Main mit der Marchandschen Truppe uraufgeführt. Eine zweite Variante wurde am 10. Juni 1796 von Luise von Göchhausen in Weimar präsentiert.
Mai
Durch die erst erwärmten Lüfte,
Mild, von Schimmer sanft umgeben,
Blickt die Sonne durch die Düfte;
Leise wallt und drängt die Welle
Sich am reichen Ufer hin,
Und wie reingewaschen helle,
Schwankend hin und her und hin,
Spiegelt sich das junge Grün.
Still ist Luft und Lüftchen stille;
Was bewegt mir das Gezweige?
Schwüle Liebe dieser Fülle,
Von den Bäumen durchs Gesträuche.
Nun der Blick auf einmal helle,
Sieh! der Bübchen Flatterschar,
Das bewegt und regt so schnelle,
Wie der Morgen sie gebar,
Flügelhaft sich Paar und Paar.
Fangen an, das Dach zu flechten –
Wer bedürfte dieser Hütte? –
Und wie Zimmrer, die gerechten,
Bank und Tischchen in der Mitte!
Und so bin ich noch verwundert,
Sonne sinkt, ich fühl es kaum;
Und nun führen aber hundert
Mir das Liebchen in den Raum,
Tag und Abend, welch ein Traum!
Das Gedicht „Mai“ wurde im Jahre 1827 veröffentlicht.
Mignon
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn.
Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an:
Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Kennst du es wohl?
Dahin! Dahin
Möcht ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.
Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maultier sucht im Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte Brut;
Es stürzt der Fels und über ihn die Flut,
Kennst du ihn wohl?
Dahin! Dahin
Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!
Wie schon das Gedicht „Mai“, wurde auch der Text „Mignon“ 1827 publiziert.
Regenbogen
Grau und trüb und immer trüber
Kommt das Wetter angezogen,
Blitz und Donner sind vorüber,
Euch erquickt ein Regenbogen.
Frohe Zeichen zu gewahren
Wird der Erdkreis nimmer müde;
Schon seit vielen tausend Jahren
Spricht der Himmelsbogen: Friede!
Aus des Regens düstrer Trübe
Glänzt das Bild, das immer neue;
In den Tränen zarter Liebe
Spiegelt sich der Engel – Treue.
Wilde Stürme, Kriegeswogen
Rasten über Hain und Dach;
Ewig doch und allgemach
Stellt sich her der bunte Bogen.
Die Zeilen zu „Regenbogen“ wurden unter anderem von Baudry’s europäischer Buchhandlung, in Paris im Jahre 1840, gedruckt.
Johann Wolfgang von Goethe lebte vom 28 August 1749 bis zum 22. März 1832. Goethe gilt heutzutage als einer der bedeutendsten Repräsentanten deutschsprachiger Dichtung.