Winterwanderung (Gesellen auf der Walz)

Nicht mir hab‘ ich gebaut;
dies Dach wird eines andern.
Wer’s Glück hat, holt die Braut
und kauft Brabant und Flandern.

Ade, ade, du schmuckes Haus,
ich greif‘ zum Stab und zieh‘ hinaus,
muß weit und weiter wandern.

Muß wandern kreuz und quer,
durch Stadt und Dorf mich winden;
mein Säckel wird so leer,
und Wams und Stiefel schwinden.
Ich hab‘ gebaut so manches Dach;
das eigne Haupt zu bergen, mag
ich nun kein Plätzchen finden.

Kein Meister, der mich dingt,
wo ich auch zugesprochen;
der arge Winter bringt
die langen Feierwochen.

Die Welt wird still, die Arbeit ruht,
ich armes heimatloses Blut
muß rings vergeblich pochen.
Schon streicht ein harter Frost
auf dem bereiften Rasen,
und scheltend kommt aus Ost
ein Schneewind hergeblasen,
die wilden Wanderschwäne schrei’n,
ach Gott, wie bin ich gar allein,
allein auf fremden Straßen!

Doch Herz, dein Trost ist nah!
Wenn jede Tür verschlossen,
du zählst den Herrgott ja
zu deinen Zunftgenossen.
Der Meister, der die Kuppel baut,
die sterndurchflammt dort oben blaut,
der wird dich nicht verstoßen.


Notenblatt - Lied der WandergesellenDer Liedtext stammt von Arthur Heinrich Wilhelm Fitger, einem deutschen Maler, Dichter, Dramatiker, Gesellschaftspoeten und Kunstkolumnisten. Der Text handelt von einem Wandergesellen auf der Walz, der die harten Wintermonate überstehen muss. Hinzu kommt die einsame Tippelei in der Fremde, doch der Geselle findet Trost in seinem Glauben zu Gott.
Arthur Heinrich Wilhelm Fitger wurde im Jahr 1840 geboren und verstarb 1909.